Glaubenssätze bestimmen unser Denken und unser Tun: Wie wir die Welt erfahren und was wir in der Welt erleben, wird hauptsächlich von unseren inneren Überzeugungen bestimmt.
Text: Mike Mandl
Was wir nicht alles im Laufe unseres Werdens zu hören bekommen: „Ohne Fleiß kein Preis“, „Man soll den Teller immer leer essen“, „Um Erfolg zu haben braucht man starke Ellenbogen“, „Wer mit dem Feuer spielt, wird sich verbrennen“, „Von Nichts kommt nichts“, „Erst die Arbeit, dann das Vergnügen“, „Du sollst treu und ehrlich sein“, „Man lernt nicht für die Schule, sondern für das Leben“. Und so weiter. Und so fort. Vom ersten Tag unseres Daseins werden wir mit Glaubenssystemen und Glaubenssätzen bombardiert. Zuerst von den Eltern. Dann vom gesellschaftlichen Konsens. Dann von den Freund/inn/en. Dann von Autoritäts- oder anderen Bezugspersonen. Dann von Partner/inne/n. Man muss sich das so vorstellen: Wir kommen wie ein weißes Blatt Papier auf die Welt. Und natürlich, es ist ja auch wirklich gut gemeint, aber jede/r versucht diesem Papier einen Stempel aufzudrücken bzw. eine Meinung darauf zu schreiben, ob durch Vorleben oder Vorsagen oder Vorhalten ist dabei egal. Es liegt in der Natur des Miteinanders, Lebensregeln und Lebensempfehlungen weitergeben zu wollen. Evolutionstechnisch gesehen macht das Sinn. Weil es viel Energie kostet, das Rad jedes Mal neu zu erfinden. Besser, man baut auf einen Erfahrungsschatz auf. Was aber, wenn es dabei nicht immer nur um einen Schatz, sondern auch um suboptimale Ansichten dem Leben gegenüber geht?
Denn Lebensregeln und Lebensempfehlungen sind das Resultat von dem, was gemeinhin geglaubt wird. Und gemeinhin wird gerne und viel geglaubt, was bei näherer Betrachtung gar nicht wirklich stimmt bzw. nicht für jede Person in jedem Kontext stimmen muss. Dass „man den Teller immer leer essen soll“ mag für Krisenzeiten eine sinnvolle kollektive Annahme sein. In der modernen Zeit des bewegungsarmen und kalorienreichen Lebens kann sich dieser Glaubenssatz jedoch als schwer gesundheitsschädigend herausstellen, wie die ständige Zunahme des Übergewichts mit allen damit in Verbindung stehenden Folgeproblemen deutlich zeigt. „Dass zuerst die Arbeit, dann das Vergnügen kommt“ kann wichtig sein, wenn etwas wirklich Dringendes ansteht. Ein Großprojekt mit immer näher rückender Deadline zum Beispiel. Wie in früheren Zeiten die Ernte. Das gehört erledigt, das ist klar. Aber ist die rein gedankliche Trennung von Arbeit und Vergnügen nicht ein Fehler in sich? Weil der Umkehrschluss lautet: Arbeit ist kein Vergnügen. Tut es uns daher wirklich gut, dieser Annahme generell zu folgen? Sie unseren Kindern weiterzuempfehlen? Ernten wir nicht bereits, was wir derart jahrzehntelang gesät haben? Eine Gesellschaft, die ausgebrannt ist, der das Feuer der Leidenschaft für ihre Tätigkeiten fehlt, weil eben: Arbeit und Vergnügen? Das geht nicht zusammen, das darf gar nicht sein. Wer seine Arbeit als Vergnügen empfindet, macht sich verdächtig. Weil richtige Arbeit hart sein muss. Im Schweiße des Angesichts. Kein Preis ohne Fleiß. Oder? Nein. Blödsinn. Denn wer mit Vergnügen seine Arbeit macht, wird sie so oder so mit großem Einsatz und noch größerem Engagement erledigen. Es gibt kein Kind, dass vom Spielen ein Burnout bekommt. Warum darf Arbeit kein Spiel sein?
Wie auch immer: Fest steht, dass die Summe an Glaubenssätzen, die wir verinnerlicht haben, unser Glaubenssystem bildet und dass unser Glaubenssystem den Rahmen absteckt, in dem wir uns im Leben bewegen, wie wir Erfahrungen bewerten und welche Situationen wir herbei beschwören – ganz im Sinne der „self fulfilling prophecy“. Weil wir natürlich unseren Grundüberzeugungen folgen und dementsprechende Reaktionen in unserem Umfeld und in unserem Leben bewirken oder suchen, um die jeweilige Überzeugung zu bestätigen. Wer sich innerlich nicht als wertvoll empfindet, braucht sich nicht wundern, wenn diese Ausstrahlung von außen durch mangelnde Wertschätzung bestätigt wird. Wer annimmt, dass nur Auserwählte Erfolg haben, man sich selber aber nicht dazu zählt, wird sich den Erfolg selber blockieren.
Glaubenssätze beeinflussen unser Erleben, unser Fühlen, unser Handeln, unser gesamtes Leben. Führen sie uns zu Glück, Zufriedenheit und maximaler persönlicher Entfaltung: Gut so. Falls nicht, empfiehlt sich eine nüchterne Bestandsaufnahme. Und die Arbeit am eigenen Glaubenssystem. Sie glauben mir nicht? Dann ist es Zeit für einen kleinen Test...
Eine kleine Bestandsaufnahme
Einer der am schwersten zu knackenden Glaubenssätze: „Das hat mit mir nichts zu tun“. Das mag so sein. Aber das glaube ich nicht. Wie erwähnt: Es geht um Glück, Zufriedenheit und maximale persönliche Entfaltung. Sind Sie auf dem Weg dorthin? Ja? Nein? Ein paar Fragen diesbezüglich:
- Können Sie ihre Unzulänglichkeiten liebevoll annehmen und gleichzeitig an ihrer Persönlichkeit arbeiten?
- Können Sie das Unbekannte und die Vielfältigkeit des Lebens umarmen, ohne Zweifel und ohne Angst vor Unsicherheit?
- Sind Sie unabhängig von anderen und können Sie auch völlig alleine glücklich sein?
- Sind Sie immun gegenüber kleinen Problemen und Stolpersteinen, weil Sie immer das große Ganze im Blick haben?
- Sind Sie an Lösungen und an der Zukunft orientiert?
- Bleiben Sie ihrer Linie treu, unabhängig von Einflüssen und Schwierigkeiten?
- Können Sie ihre Eigenständigkeit genießen, ohne damit um Anerkennung zu buhlen? Können Sie Hervorragendes leisten und trotzdem demütig bleiben?
- Haben Sie "Gipfelerfahrungen"? Erfahrungen, bei denen Sie sich friedvoll und in Harmonie mit sich selber und dem Leben empfinden, bei gleichzeitiger tiefer Freude und Euphorie?
- Haben Sie eine Aufgabe, die Sie erfüllt, eine Mission, die größer ist als Sie selbst und die Ihnen hilft, ihr Potential zu entfalten?
- Ist Ihr Interesses auf die tiefere Bedeutung des eigenen Daseins und des Lebens an sich ausgerichtet?
- Sind Sie humorvoll, flexibel, spontan und neugierig?
- Sind Sie für das Leben da oder ist das Leben für Sie da?
Haben Sie alle Fragen mit ja beantwortet? Gratuliere. Sie brauchen nicht weiterzulesen. Ihr Glaubenssystem hilft Ihnen, genau das Leben zu leben, das zu Ihnen passt. Für viele Personen klingt das allerdings utopisch. Warum nur? Weil viele Personen dem kollektiven Glaubenssystem glauben, wie das Leben nun einmal zu sein hat. Man kommt auf die Welt, lernt, arbeitet, gründet eine Familie, geht in den Ruhestand. Man muss sich anstrengen, Verantwortung übernehmen und den Rest hinnehmen. End of the Story. Dazwischen gibt es ein bisschen Spaß und Abenteuer. Was aber, wenn das ganze Leben Spaß und Abenteuer sein darf? Ja! Darf es das überhaupt? Ja! Sind sie anderer Meinung? Bitte weiterlesen...
Wie entstehen Glaubenssätze?
An sich ist gegen Glaubensätze überhaupt nichts einzuwenden. Im Gegenteil, sie erfüllen wichtige Funktionen, sie helfen uns bei der Orientierung im Leben, sie helfen uns Energie zu sparen und effizient zu sein, weil wir dank gewisser Grundannahmen nicht jeden neuen Input, nicht jede neue Situation neu erfassen, erforschen, durchschauen, abschätzen und integrieren müssen. Das ist ein Prinzip des Lernens. Und die meisten Glaubenssätze lernen wir schon sehr früh im Leben. Das heranwachsende Kind will seine Erfahrungen sinnvoll strukturieren, will Erklärungen für die Welt finden, damit es sein Handeln effizienter auf das umgebende System abstimmen kann.
Tut es das, wartet in den meisten Fällen eine Belohnung in Form von Anerkennung, Liebe oder Wertschätzung: "Wenn ich brav und ruhig bin, dann hat mich meine Mama lieb." WENN ich also eine bestimmte Verhaltensweise an den Tag lege, DANN gibt es Liebe. Und Liebe oder Anerkennung oder Wertschätzung sind für kleine Seelen genauso wichtig wie Ernährung oder Schlaf. Sonst verkümmern sie und werden schwach. Das Problem ist: Dass wir derart Spielregeln verinnerlichen, die im Laufe der Zeit und durch ständiges Wiederholen zu persönlichen Wahrheiten heranreifen und uns unbewusst auch dann noch prägen und lenken, obwohl wir schon lange auf einem anderen Spielfeld gelandet sind, denn auf braves Verhalten im Erwachsenenalter gibt es nicht dieselbe Belohnung wie in der Kindheit. Im Gegenteil. Dieses wird oft ausgenutzt. Weil brav sein bedeutet oft auch zu brav zu sein bedeutet oft nicht Nein sagen zu können, was in kontinuierlichen Grenzüberschreitungen resultieren kann. Und dann versteht man die Welt nicht mehr. Weil statt dass man Energie bekommen, wird sie einem genommen. Weil keine Gegenwehr erwartet wird. Statt Anerkennung zu bekommen wird man ausgenützt.
Das ist das Kreuz mit den Glaubenssätzen: Haben wir einmal ein System entdeckt, dass uns erfolgreich überleben lässt, wenden wir es an, wieder und immer wieder. Einmal gelernt, steuern uns unsere Glaubenssätze wie ein Autopilot. Glaubenssätze sind Krücken: Sie gewähren uns Hilfe bei den ersten Gehversuchen, verhindern oft aber auch, später wirklich auf eigenen Beinen zu stehen. Und derartige Krücken übernehmen wir nicht nur von den Eltern. Unser gesamtes Gesellschaftssystem basiert auf Glaubenssätzen und Glaubenssystemen, viele davon wären schon längst überholt, wurden und werden aber nie hinterfragt. Obwohl wir in materieller Fülle ersticken, glauben wir noch immer an ein leistungsbezogenes Wirtschaftssystem und halten dieses mit allem Mitteln aufrecht. Wir glauben, dass wir lernen müssen, um Erfolg zu haben. Wir glauben an die 40 Stundenwochen, an Allgemeinbildung in der Schule, an die Kleinfamilie, an die Absicherung durch Versicherung und an Glück durch Wohlstand. Wir übernehmen diese Strukturen von Generation zu Generation, obwohl uns die Explosion von Zivilsationskrankheiten wie Übergewicht oder Diabetes oder Burnout zum Nachdenken anregen sollten. Ganz abgesehen davon, dass uns unsere Umweltsünden ganz klar einzuholen beginnen. Stichwort: Klima.
Aber nicht nur in Bezug auf generelle Überlebensstrategien sind wir bis in die letzte Zelle beeinflusst. Auch was den Glauben betrifft. Weil es vor allem Religionen verstehen, mit dem Glauben zu spielen. Wir kommen ja quasi schon mit der Erbschuld auf die Welt. Und Vergnügen ist Sünde. Das sitzt. Tief. Immer noch. Dann kommen noch die länderspezifischen Eigenheiten dazu. In Österreich „schaut man“ anstatt zu tun. In Deutschland „läuft man“ anstatt zu gehen. Und in Amerika ist alles möglich. Sogar die skurrilsten Präsidenten. Das ist das Recht des Tellerwäschers auf die Millionen. Es ist also Zeit umzudenken. Zeit sich und die Gesellschaft umzuprogammieren. Höchste Zeit!
Die Geschichte vom Adler, der glaubte ein Huhn zu sein!
Ein Mann fand eines Tages ein Adlerei, nahm es mit nach Hause und legte es in das Nest einer ganz gewöhnlichen Haushenne. Ein kleiner Adler schlüpfte parallel mit ein paar Hühnerküken aus dem Ei und wuchs zusammen mit diesen auf. Sein ganzes Leben lang versuchte der Adler sich wie ein Huhn zu benehmen, was ihm aber nicht immer gelang. Manchmal fühlte er sich fremd unter all den Hennen. Doch ohne Zweifel, der Adler dachte, er sei ein Huhn wie alle anderen Hühner auf dem Hof. Er kratzte und scharrte in der Erde nach Würmern und Insekten. Er gluckte und gackerte halbwegs wie die anderen Hühner.
Nur ab und zu hob er ein wenig seine Flügel und flog ein Stück über den Hühnerhof, ähnlich wie die anderen Hennen. Einmal jedoch, er hatte sich völlig vergessen, flog er plötzlich höher als je zuvor... höher als die anderen Hennen. Für einen kurzen Augenblick genoss er es, so hoch durch die Lüfte zu fliegen, für einen Moment lang begann er zu träumen und war glücklich.
Doch schnell bekam er es mit der Angst zu tun und kehrte zurück auf den Hof. Die Jahre vergingen und der Adler wurde sehr alt, aber nicht glücklich. Eines Tages sah er einen herrlichen großen Vogel hoch oben am wolkenlosen Himmel seine Kreise ziehen. Anmutig und hoheitsvoll schwebte dieser beeindruckende Vogel in den Lüften, fast ohne seine riesigen, kräftigen Flügel zu schlagen. Der Hühnerhofadler blickte sehnsüchtig zu ihm empor und wusste gar nicht, warum dieser Vogel da oben ihn so tief berührte.
"Wer ist das?" fragte er ganz aufgewühlt eine Nachbarhenne. "Ach, das ist der Adler, der König der Vögel" gackerte die Henne. “Wäre es nicht schön, wenn wir auch so fliegen könnten?” fragte der Adler. “Das können wir nicht” sagte die Henne, "mit dem darfst du dich nicht messen. Er gehört dem Himmel. Doch du und ich, wir sind von anderer Art, wir gehören dem Boden. Wir sind Hühner.
Der Adler schämte sich leise für den unbescheidenen Traum vom freien Flug und für dieses komische Gefühl in der Brust, das sich in ihm breit gemacht hatte. Ein Gefühl, soweit und luftig, so frei. So blieb der Adler das, wofür er sich hielt und starb eines Tages als Huhn unter Hühnern. Sein Glaube an sich selbst hat ihn daran gehindert, seine wirkliche Bestimmung zu leben!
(nach einer afrikanischen Fabel)
Was bewirken Glaubenssätze?
Man kann sich die Sache so vorstellen: Unser Gehirn ist wie ein Computer. Das Betriebssystem ist unser Glaubenssystem, basierende auf dem Code der Glaubenssätze. Unser Betriebssystem bestimmt, welche Programme oder Apps wir nutzen können. Unser Betriebssystem bestimmt, wie einkommende Daten verarbeitet werden. Unser Betriebssystem... ist in vielen Fällen hoffnungslos veraltet, wurde vielleicht noch nie einem Update unterzogen. Kein Wunder also, wenn wir immer uns immer öfters mit dem Leben überfordert fühlen. Mit einem Computer aus dem Jahre 1980 und dem entsprechenden Betriebssystem, würde sich heutzutage nicht einmal mehr ein Mail öffnen lassen. Aber mit einem ähnlich antiquierten Glaubenssystem stellen wir uns dem Leben. Und glauben gar nicht daran, dass ein Update überhaupt möglich wäre. Natürlich: Ein Update erfordert kurzzeitig erhöhten Arbeitsaufwand. Das kostet kurzfristig mehr Energie als das alte Werk einfach weiterlaufen zu lassen. Glaubenssätze sparen schließlich Denkarbeit. Und oft auch Einsatz. Wenn man vorher schon weiß, "dass es eh nichts wird", braucht man sich ja gar nicht ernsthaft anstrengen. Unser Gehirn ist gerne träge, nutzt die über Jahre ausgetrampelten Pfade anstatt neue Wege zu gehen. Je öfters wir uns für diese Pfade entscheiden, desto mehr werden sie zu Autobahnen: Stabil, bequem, man weiß, wie man leicht von A nach B kommt. Aber beginnt das Abenteuer nicht erst auf den Nebenpfaden? Und was ist, wenn wir mit Problemen konfrontiert werden, die sich mit dem klassischen Autobahnsystem nicht lösen lassen? Ist es wirklich ein Zufall, dass wir oft mit immer denselben Hindernissen in Partnerschaft, Beruf, Gesundheit oder dem Leben an sich konfrontiert werden? Sollte uns das nicht zu denken geben? Der Schlüssel zur Lösung liegt im Betriebssystem. Ändern wir dieses, ändert sich vieles.
Was wäre, wenn sich das Leben plötzlich radikal positiv entwickeln würde? Wäre das überhaupt auszuhalten? Über was könnte man sich sonst ärgern? Wo könnte man dann noch in den Widerstand gehen? Wo könnte man sich dann noch ungerecht behandelt fühlen? Manche wollen und brauchen das, auch eine Form der Selbstbestätigung. Ein Update fühlt sich allerdings ähnlich überzeugend an wie der Umstieg auf ein neues Comnputermodell. Vieles geht plötzlich, was vorher gar nicht möglich war. Und: Es zahlt sich wirklich aus. Denn: Unser Glaubenssystem beeinflusst all unsere Lebensbereiche, von der Partnerwahl über die Berufswahl über unser Freizeitverhalten und vor allem unseren emotionalen Status: Ist das Glas halbvoll oder halbleer?
Apropos halbleer… Das ist auch der Grund warum die Arbeit mit Affirmationen nicht so effektiv ist, wie sie gerne angepriesen wird. Weil eine App, um beim Computerbeispiel zu bleiben, mit dem Betriebssystem kompatibel sein muss. Spiele ich die "ich werde gewinnen" App auf ein "ich bin ein Versager" Betriebssystem, wird die Sache nicht funktionieren. Leider. Zuerst braucht das Betriebssystem ein Upgrade. Will man das System upgraden, sollte man wissen, um welches es sich handelt. Der erste Schritt besteht also darin, sich auf die Suche nach den eigenen Glaubenssätzen zu machen...
Dem Glauben auf der Spur
Man kann Glaubenssätze grob in drei Gruppen unterteilen. Die einen blockieren uns, die anderen treiben uns zu sehr an und dann gibt es die, die uns mit positiver Inspiration zu unseren Zielen führen. Wichtig ist es, die Blockierer und Antreiber im eigenen Glaubenssytem zu identifizieren, da es sich bei ihnen um die klassischen Troublemaker handelt. Ein klassischer Blockierer wäre zum Beispiel "ich bin nicht wirklich talentiert". Derartige Blockierer werden gerne in der Schule eingeimpft. Weil man klarerweise nicht überall talentiert sein kann. Man aber überall gleich gut sein muss, um in der Schule, einer doch extrem prägenden Institution für heranreifende Seelen, als gut bewertet zu werden. Da kann man das motorische Talent eines Zirkusartisten haben und glaubt am Ende der Schulzeit dennoch generell untalentiert zu sein, ganz einfach, weil es mit den Sprachen einfach nicht so gut geklappt hat und diese in Summe höher bewertet werden. Das wirklich Skurrile an dieser Sache: Der Glauben nicht talentiert zu sein, kann in weiterer Folge sogar die motorische Entfaltung hemmen. Weil das natürlich am Selbstwert kratzt. Und die Entfaltung von Talenten ohne Selbstwert schwieriger ist. Hände hoch, wer kein Schultrauma besitzt bzw. Glaubenssätze aus dieser Zeit, die als Blockierer eingestuft werden können.
Die Antreiber mobilisieren hingegen Energie. Das ist an sich nicht schlecht. Schlecht ist daran nur das "Muss". "Ich muss der Beste sein". "Ich muss alles geben". Ich muss, ich muss, ich muss. Das Müssen kann zu zwanghaften Verhalten führen, zu einer Überarbeitung, zu einem Hintanstellen von Bedürfnissen. Ständig zu Müssen führt früher oder später zum einer Überforderung. Zu Unzufriedenheit, trotz scheinbarem Erfolg. Zu Burnout. Und wenn wir zu sehr von der Vorstellung des Müssens infiltriert sind, dann fällt es uns natürlich auch schwerer herauszufinden, was wir eigentlich wollen…
Vernünftige Glaubenssätze hingegen stärken unser System. Sie sind wie Segel, die das Schiff auf seinem Kurs vorantreiben. Wer an sich und vor allem das zur Person Passende glaubt kann vieles erreichen. Wollen wir unser Betriebssystem umprogrammieren, müssen wir die Blockierer und Antreiber im ersten Schritt entlarven und im zweiten Schritt durch vernünftige Glaubenssätze ersetzen. Ersetzen ohne entlarven würde bedeuten, eine App auf ein nicht passendes Betriebssystem zu spielen. Das kann nicht funktionieren. Hier finden Sie eine ÜBUNG ZUM ERKENNEN VON GLAUBENSSÄTZEN. Ist das wirklich wichtig? Ja!
Über Loslassen und das Metallelement
Im Zyklus der Fünf Elemente der traditionellen chinesischen Medizin steht das Metallelement für den Herbst. Der Herbst ist die Jahreszeit, in der wir uns von der Leichtigkeit des Sommers verabschieden müssen. Die Tage werden kürzer, die Temperaturen frischer, die Natur zieht sich zurück, um Energie für die kommende Winterzeit zu bewahren. Unnötiger Ballast wird abgeworfen. So wie sich die Bäume ihrer Blätter entledigen. Die Organe des Metallelements sind Lunge und Dickdarm. Die Lunge ist in dieser Jahreszeit besonders wichtig. Ist sie stark, gewährleistet sie eine gute Immunität. Ist sie hingegen schwach, sind wir anfällig für Infekte der Atemwege. Die Wellen der Erkältungen rollen über das Land.
Das Partnerorgan der Lunge ist der Dickdarm. Seine Rolle ist klar: Es scheidet aus, was der Körper nicht mehr benötigt. Er eliminiert den Rest des Verdauungsprozesses. Er steht für das große Loslassen. Tut er das nicht, ist Verstopfung das Resultat. Auch in Bezug auf unsere Glaubenssätze können wir unter Verstopfung leiden. Wir scheiden nicht aus, was wir schon lange nicht mehr für unser System verwenden können. Wir schleppen Ballast aus der Vergangenheit mit. Das kann den Kopf blockieren, kann verhindern, dass wir aufgrund der angesammelten Altlasten gar nicht mehr erkennen, wer wir sind und was wir wirklich wollen.
Denn das Metallelement füttert in der traditionellen chinesischen Medizin das Wasserelement, das unsere Essenz, unser Potential, unser wahres Sein repräsentiert. Da sind wir wieder bei dem weißen Blatt Papier, als das wir auf die Welt kommen und das im Laufe der Zeit so sehr von außen vollgeschrieben wird, dass wir gar nicht mehr das Blatt, sondern nur noch das darauf Geschriebene sehen. Das Metallelement gibt das an das Wasserelement weiter, was es aufgenommen und verarbeitet hat. Psychoenergetisch repräsentiert die Lunge das Ja zum Leben und das Ja zu sich selbst. Der Dickdarm hält wenig verwertbare Energie von der Person fern, sorgt dafür, dass sie gar nicht eindringen kann, oder scheidet sie aus, wenn nicht mehr brauchbar. Ein Ja zur Person, ein Nein zu Ballast, so wird das Wasserelement gestärkt. Halten wir an Überzeugungen, die nicht unserem wahren Wesen entsprechen fest, dann wird das Wasserelement geschwächt. Weil es dann ein Ja zu den Eltern oder anderen ist. Und ein Nein zur Person. In der traditionellen chinesischen Medizin und in Shiatsu kann eine unterstützende Arbeit mit dem Metallelement helfen, die rigiden Strukturen des Glaubenssystems zu lockern…
Wenn die Teetasse voll ist
Ein Professor der Philosophie reiste einmal nach Asien, um Antworten auf seine Fragen nach Meditation, Gott, dem Sinn des Lebens und der Unendlichkeit zu finden. Er suchte. Wurde aber nicht fündig. Verzweifelt wanderte er in die Berge und stand plötzlich vor dem einfachen Haus eines Mönches. Dieser lud den Mann zu sich ein. Der Professor zählte dem Mönch seine akademischen Titel und klagte über seine Verzweiflung über all die nicht beantworteten Fragen im Leben.
Der Mönch sagte nur: „Ich mache dir einen Tee.“ Sobald dieser fertig war, begann der Mönch mit dem Einschenken. Der dampfende Tee ergoss sich in die Tasse. Immer weiter. Immer weiter. Auch als die Tasse längst voll war und sich das heiße Getränke über den Rand auf die Untertasse ergoss, hörte er nicht auf einzuschenken. Erschrocken rief der Professor: „Halt! Genug! Die Tasse ist doch voll! Sehen Sie das nicht?“
Da hielt der Mönch inne und lächelte den Professor an: „Genauso wie mit dieser Tasse, ist es auch mit dir: „Du bist voll gefüllt. Mit Fragen, mit Wissen, mit Vorurteilen. Wie kann ich dir da noch Antworten geben, wenn kein Platz mehr ist? Erst wenn du deine Tasse leerst, hast du wieder Platz. Für Neues, für Einsichten, für Antworten.“
Nach einer Zen-Geschichte